Im Jahre 1861 - ein Jahr nach dem Tode Friedrich Silchers - schlossen sich in Friolzheim sangesfreudige Männer zu einem Verein zusammen, um das deutsche Lied zu pflegen. Der Friolzheimer "Liederkranz" ist somit einer der ältesten Männergesangvereine im Alt-Kreis Leonberg.
Leider kennt heute niemand mehr die Namen der Gründer; denn in den Wirren der Zeit nach dem 1. Weltkrieg gingen die Aufzeichnungen über die ersten sechs Jahrzehnte des Vereinslebens verloren. Wir sind für diese Zeit auf die Erinnerungen unserer "Alten" angewiesen. Vieles erlebten sie noch selbst, andere haben sie den Berichten ihrer Väter abgelauscht.
1864 wurde die erste Vereinsfahne angeschafft. Sie ist heute noch gut erhalten und zeigt auf der einen Seite auf weißem Grund eine goldene Lyra. Die Rückseite ist purpur grundig und trägt den bekannten Spruch:
Wo man singt, da lass' dich ruhig nieder ...
Lange Zeit hatte der Verein kaum mehr als 20 Mitglieder, die dafür aber umso begeisterter bei der Sache waren. Da die meisten Sänger Bauern und Handwerker waren, die nur über ein bescheidenes Einkommen verfügte, litt der Verein ständig unter Geldmangel. Gönner, die den Verein hätten finanziell unterstützen können gab es nicht.
Eine ernste Krise musste Ende 1902 durchgestanden werden: nur noch 18 aktive Sänger hielten dem Verein die Treu. Aber knapp 1 Jahr später erlebte der Liederkranz einen Aufschwung, als ihm kurz nacheinander 8 junge Leute beitraten. Und als im Jahre 1911 sogar der Sängerklub des Turnvereins geschlossen in unseren Verein überwechselte, war eine erfreuliche Verjüngung des Chores erreicht. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Beim Wettgesang in Möttlingen (1914) holten sich die Friolzheimer einen 1. und im gleichen Jahr in Renningen einen 2. Preis.
Die Freude über die Aufwärtsentwicklung des Vereins war jedoch nur von kurzer Dauer. Noch ehe das erfolgreiche Jahr zu Ende war, brach der 1. Weltkrieg aus, und viele Sänger wurden zum Kriegsdienst einberufen. Die Sangestätigkeit musste eingestellt werden.
Es vergingen 6 Jahre, ehe - 1920 - wieder regelmäßige Singstunden abgehalten werden konnten. Der Chronist vermeldet aus dieser Zeit 42 aktive und 11 passive Mitglieder. Die folgenden Jahre waren für den Verein nicht leicht. Wie schon so oft, hatte er wieder "finanzielle" Sorgen. Doch hielt ihn das nicht davon ab, Sängerfeste in den umliegenden Ortschaften zu besuchen. Die Vereinsmitglieder trugen die Auslagen für Fahrt und Verköstigung meist selbst.
1924 trat der Liederkranz Friolzheim dem Schwäbischen Sängerbund bei.
Kurioserweise verfügte der Verein 1923 über 2.603.531.293.755 Mark (2,6 Bill. !!) Gesamteinnahmen und - 1926 war die Kasse leer! In diesen Tatsachen spiegelt sich die damalige allgemeine Wirtschaftslage, die von Inflation und Arbeitslosigkeit geprägt war. Dessen ungeachtet erzielten die Sänger des Liederkranzes bei Wertungs- und Preissingen schöne Erfolge. Groß war die Freude, als sie sich in Serres den I. Preis erstritten. Von Ditzingen brachten sie (1926) einen I c-, von Malmsheim (1927) einen II. Preis mit nach Hause.
Die immer drückender werdene Not, die sich in den 30er Jahren in unserem Land ausbreitete, hinterließ auch beim Gesangverein ihre Spuren. Die Zahl der Mitglieder wurde ständig kleiner. Man befasste sich mit dem Gedanken, sich mit dem ansässigen Turn- und Fußballverein zu einem Kulturverein zu vereinigen. Die Fusion kam jedoch nicht zustande.
1935 sollte der Gesangverein nach dem Willen der Beauftragten der nationalsozialistischen Regierung in einen gemischten "Kraft-durch-Freude-Chor" umgewandelt werden. Nur der Standhaftigkeit der Vereinsführung war es zu verdanken, dass diese gefährliche Klippe glücklich umschifft wurde.
In der Folgezeit konnte der Chronist wieder von einer Aufwärtsentwicklung berichten. Gartenfeste und Abendunterhaltungen wurden veranstaltet. Zu den verschiedensten Anlässen wurde der Verein um Mitwirkung gebeten. Vor allem sang er seinen Mitgliedern bei der Trauung und geleitet seine Verstorbenen zur letzten Ruhe.
Mit dem Ausbruch des 2. Weltkrieges erhielten die meisten der jungen Sänger die Einberufung zur Wehrmacht. Wenn auch der Chor immer mehr zusammenschmolz, wurden die regelmäßigen Singstunden zunächst noch nicht aufgegeben. 1941 starb der erste Sänger den 'Heldentod'. Immer häufiger trafen nun die bitteren Todesnachrichten ein. Der Liederkranz ließ es sich nicht nehmen, bei jeder Trauerfeier für einen Gefallenen mitzuwirken. Als der Dirigent ins Feld musste, trat Herr Karl Seitter, Gießer, an seine Stelle. Im Februar 1945 sang der Chor zum letzten Mal.
Genau 1 Jahr später fand auf Anregung des damaligen Bürgermeisters Jetter eine Versammlung mit dem Ziel statt, den Liederkranz zu neuem Leben zu erwecken. 35 Personen ließen sich noch am gleichen Tag in die Mitgliedsliste eintragen.